16 INTERVIEW Verantwortlichen erklären, welche Dinge sie warum nicht getrennt bekommen. Und wir können nur gemeinsame Lösungen entwickeln, wenn wir verstehen, welche Anfor derungen Designer, Produzenten und Händler an Verpackungen stellen. Sieht so die Abfallwirtschaft der Zukunft für Sie aus? KUCHTA Dass Vertreter des ganzen Kreislaufs zusammenarbeiten, ist der Schlüssel. Bei Designern, Herstellern und Handel haben wir im Moment die größten Lücken ausgemacht. Sie sind aber auf dem Weg, diese Lücken zu schließen. Die Bürgerinnen und Bürger müs sen auch ihren Teil beitragen, sind aber zurzeit nicht der schwache Punkt. Sie müssen allerdings den öffentlichen Druck aufrechterhalten, zum Beispiel nach unverpackten Produkten fragen, nach besseren Verpackungen fragen und die Gurke in Plastik liegen lassen. Gibt es Länder, von denen Deutschland lernen kann? KUCHTA Es wird Sie nicht wun dern, dass Skandinavien, gerade Schweden, vorbildlich ist. Die Bevölkerung ist sehr motiviert zu trennen. Auch die gesetzlichen Vorgaben für das Verpackungsdesign sind streng. Wenn ein Hersteller eine Flasche nicht so designt, dass sie recyclingfähig ist, wird das für ihn sehr teuer. Recyclingmaterial, das aus Schweden kommt, hat erstklassige Qualität und wird europaweit gesucht. In anderen Ländern werden Verpackungen clever gesammelt. Das heißt, es wird gesammelt, was wertvoll ist. In der Schweiz beispielsweise konzentriert man sich auf PET, PE und Aluminium, allerdings auf frei williger Basis, sodass die Mengen geringer sind als in Deutschland. Mit der Idee liebäugele ich ein bisschen: dass man nur die Ver packungen getrennt sammelt, die man auch gut recyceln kann. … den Druck auf die Konzerne so zu erhöhen, dass sie sinnvolle Lösungen auch in anderen Ländern auf den Markt bringen. Wenn die großen Lebensmittel- konzerne in Schweden recycling- fähige Verpackungen im Handel haben, könnten sie die ja theore- tisch auch in anderen Ländern so anbieten, oder? KUCHTA Ja, das ist völlig richtig. Schauen Sie sich CocaCola an. In einem Land, in dem es Druck gibt, verwendet das Unternehmen Flaschen aus 98 Prozent Rezyklat. Wo es keinen Druck gibt, nutzt es die konventionellen Flaschen aus neuem Kunststoff. Und so machen das alle. Diesen Schritt versuchen wir im Moment zu gehen: den Druck auf die Konzerne so zu erhö hen, dass sie sinnvolle Lösungen auch in anderen Ländern auf den Markt bringen. Wenn Sie drei Wünsche frei hät- ten: Was würden Sie sich – nicht von der Abfallwirtschaft, sondern von Politik, Wirtschaft und auch Bürgerinnen und Bürgern – wünschen? KUCHTA Ich wünsche mir, dass die Politik den RezyklatEinsatz stärker fördert, sei es durch Anreize oder durch Quoten. Aber das Bewusstsein muss da sein, und es muss Druck von der Poli tik kommen. Dann wünsche ich mir, dass wir endlich einheitliche Hygieneregeln bekommen, damit jeder seine eigene Box mit zur Frischetheke bringen kann und da die Wurst oder den Käse hinein gelegt bekommt. Dass es dann nicht immer heißt: „Ich darf Ihre Box nicht über die Theke nehmen.“ Der dritte Wunsch ist, dass Unter nehmen in der Produktion endlich mehr ökologische und weniger marketinggetriebene Entscheidun gen treffen. Wir haben über die letzten Jahrzehnte Designguides für die Wirtschaft aufgelegt, die die Frage beantworten, wie ein umwelt und recyclingfreundliches Produkt aussehen muss. Bei Autos, Elektrogeräten, Verpackun gen, Kleidung. Und immer war die Entscheidung dann am Ende doch kosten oder marketinggetrieben. Also musste es dann doch die rein weiße oder schwarze Plastikfla sche sein, die beide im Recycling schwierig sind. Oder es musste doch das größere Auto sein, obwohl klar war, dass das ökolo gisch ein Rückschritt ist. A NREGUNGEN? INFO@AW M - MUENCHEN.D E re: AWM-0402_AWM_Magazin_2020_201022.indd 16 AWM-0402_AWM_Magazin_2020_201022.indd 16 22.10.20 10:24 22.10.20 10:24